
Entstehung des Museums
Bereits in den 1970er Jahren gab es Pläne für ein zentrales Schlesisches Museum in Westdeutschland. Erst nach der Wiedervereinigung im Jahr 1989 konnte eine solche Einrichtung in Görlitz entstehen – in einer Stadt, die vor 1945 zur Provinz Schlesien gehörte. Das Museum fühlt sich den ehemaligen deutschen Bewohnern Schlesiens und ihren Nachkommen ebenso verbunden wie den polnischen Schlesiern von heute und setzt auf enge Zusammenarbeit mit Museen und Kultureinrichtungen in Schlesien. In dem prächtigen architektonischen Rahmen des Schönhofes können die Besucher den Reichtum der schlesischen Kulturlandschaft bewundern: Goldschmiedekunst, Glas, Keramik und Porzellan, Gemälde und Skulpturen – Letztere mit einem Schwerpunkt auf der Kunst der klassischen Moderne im Umkreis der Breslauer Akademie. Das Museum wird von einer Stiftung getragen, an der die Bundesrepublik Deutschland, der Freistaat Sachsen, die Stadt Görlitz und die Landsmannschaft Schlesien beteiligt sind.

Die Dauerausstellung bietet einen breiten Überblick über Geschichte und Kultur der Region im europäischen Kontext. Schwerpunkte sind die konfessionellen Auseinandersetzungen im 16. und 17. Jahrhundert, der preußisch-habsburgische Konflikt im 18. Jahrhundert, die Entwicklung von Industrie und Handwerk im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert sowie die Entstehung des polnisch-deutschen Konflikts um Schlesien, der mit dem Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen einen schmerzlichen Höhepunkt erreichte. Eine multimediale Präsentation (Foto: Martin Schneider) mit reichem Foto- und Filmmaterial informiert über die Entwicklung Schlesiens von 1945 bis heute. Hier werden die Themen Politik, Wirtschaft, Kirche und Religion, Kultur und Natur sowie Sport und Tourismus aufgezeigt. Eine Kinder-Insel lädt die jüngsten Besucher ein, Schlesien spielerisch zu entdecken.

Das Museum ist im Schönhof untergebracht, einem repräsentativen Kaufmannspalast unmittelbar beim Rathaus auf dem Görlitzer Untermarkt. Ältere Bauteile wuchsen im späten Mittelalter zu einer einheitlichen Hofanlage zusammen und bildeten den für Görlitz charakteristischen Typus des Hallenhauses. Im Schönhof residierten stets Angehörige der führenden Geschlechter der Stadt. Bei Staatsbesuchen nahmen Fürsten und Könige hier Quartier. Ein Jahr nach dem großen Stadtbrand von 1525 wurde das Gebäude im Stil der Renaissance wiederaufgebaut und damit zum Vorbild für den Wiederaufbau des Stadtzentrums.

Der letzte private Eigentümer des Gebäudes plante 1909 einen Neubau, der einem Abriss gleichgekommen wäre. Im Ergebnis einer bemerkenswerten Initiative staatlicher und privater Akteure erwarb die Stadt Görlitz den Schönhof und sorgte für seinen Erhalt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude unter anderem bis in die 1970er Jahre als Jugendherberge genutzt. Erst bei der Restaurierung für das Schlesische Museum kamen viele seiner ursprünglichen Bauteile und Schmuckelemente wieder zum Vorschein. Skulpturen, Wandmalereien, reich bemalte Balkendecken und eine Toilette aus dem 16. Jahrhundert vermitteln eine Vorstellung von Lebensart und Reichtum vornehmer Familien des alten Görlitz. 2006 wurde der Schönhof als Hauptgebäude des Schlesischen Museums mit der Dauerausstellung eröffnet.